In Hamburg sagt man Tschüss...
Kennst du dieses Kribbeln im Bauch, dass einsetzt sobald sich eine Veränderung ankündigt? Dieses Kribbeln, dass dazu führt das sich der Gemütszustand zwischen jubelhoch jauchzend und purer Panik einpendelt. In einem Moment hat man noch das fetteste Grinsen im Gesicht aufgrund von purer Vorfreude und im nächsten Moment bekommt man keinen Bissen runter, weil die Angst einsetzt, dass doch noch etwas Unvorhergesehenes passiert. Genau so geht es mir aktuell. Beziehungsweise genau so geht es mir schon seit den letzten Wochen und ich konnte mit niemandem, außer natürlich Felix und meinen Freunden und meiner Familie darüber reden.
Doch jetzt möchte ich dir davon erzählen und dich an der Reise teilhaben lassen, die von bald an erst einmal unser Leben auf den Kopf stellen wird. Lass mich raten, du denkst dir gerade, dass ich dir als Nächstes erzähle, dass wir Nachwuchs erwarten. Stimmt’s? Da muss ich dich leider enttäuschen, das ist nicht die Reise von der ich spreche. Komm. Ich zappel nicht weiter rum und hau es kurz und schmerzlos raus: Wir haben uns dazu entschieden ein Haus zu kaufen. Doch damit nicht genug. Dieses Haus steht nicht in Hamburg… Dazu aber später mehr.
Schock überwunden?
Jetzt würde ich nur allzu gerne deinen Gesichtsausdruck sehen. Hättest du mir vor einem Jahr erzählt, dass Felix und ich uns ein Haus kaufen würden und dann auch noch in einer anderen Stadt, hätten wir sicherlich genau so ungläubig geschaut und laut gelacht. Ich brauche allerdings glaube ich niemandem erzählen, dass sich gewisse Dinge sehr schnell ändern können (vor allem bei uns) und so hat Corona auch bei uns dazu geführt, dass wir über vieles nachgedacht und in Frage gestellt haben.
Allen voran was Momente sind, in denen wir richtig glücklich sind. Eine Frage, die man sich zwischenzeitlich immer mal wieder stellen und ehrlich reflektieren sollte. Bei uns sind es unter anderem die Momente, in denen wir mit Momo im Wald eine Runde Gassi gehen, im Garten sind oder aber bei uns auf der Dachterrasse sitzen und die abendliche Ruhe genießen. Das Thema Ruhe ist ehrlich gesagt während des Lockdowns bei uns immer mehr in der Vordergrund gerückt. Leerere Straßen, weniger Autolärm und weniger Menschen um einen herum, haben bei mir dazu geführt, dass ich entspannter geworden bin. Umso mehr fällt mir die Lautstärke der Stadt aktuell wieder auf. Etwas, dass ich sonst immer geliebt habe- das bunte Treiben, diverse Cafés und Restaurants ums Eck, das spontane Treffen mit Freunden.
Was möchte ich wirklich?
Aber wie häufig nutzen wir tatsächlich die Cafés und Restaurants, die ums Eck liegen? Oder aber den Supermarkt? Wann haben wir zuletzt Freunde wirklich mal spontan getroffen? Die Antwort war recht ernüchternd, sodass uns immer mehr bewusst geworden ist, dass wir das zentrale Leben, dass wir aktuell in Ottensen haben, gar nicht wirklich nutzen. Im Gegenzug dazu zahlen wir dafür aber eine ordentliche Miete. Nicht falsch verstehen: Ich liebe diese Wohnung und klar, wir hätten uns auch einfach etwas günstigeres mieten können, dass nicht diese Lage hat. Aber darum geht es jetzt auch gar nicht, sondern viel mehr darum, dass der Gedanke etwas außerhalb zu ziehen immer mehr in den Vordergrund gerückt ist. Gepaart mit der Freude am Handwerkern, die während der Corona Zeit aufgrund unseres Gartens und dem Haus dort, immens gestiegen ist, haben wir uns gefragt, ob etwas Eigenes außerhalb für uns spannend sein könnte.
Da „einfach machen“ schon immer mein Motto war, wurden innerhalb kürzester Zeit diverse Immobilienapps heruntergeladen und die Suchanfrage auf „Grundstücke oder Häuser kaufen“ eingestellt. Nun ja. Wir müssen uns jetzt keine Illusionen machen. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir feststellen, dass unsere Bankkonten leider nicht das nötige Kleingeld bereithalten, um in Hamburg ein Grundstück oder aber ein Haus zu kaufen. Und nein, wir haben nicht in Stadtteilen wie Ottensen & Co geschaut.
Wie wichtig ist es für mich in Hamburg zu leben?
Wer mich kennt, weiß, dass ich schon immer in Hamburg leben wollte. Ich liebe diese Stadt. Im kommenden Februar mache ich die zehn Jahre in meiner Beziehung mit Hamburg voll. Zehn Jahre in denen ich diese Stadt für mich entdeckt und lieben gelernt habe. Die durchtanzten Nächte auf dem Kiez mit anschließendem Besuch auf dem Fischmarkt, die Sonnenuntergänge am Elbstrand, die besten Abende mit Freunden in der Schanze, meine verschiedenen Wohnungen, die Menschen, die ich hier kennen gelernt habe, die Restaurant/Cafe/Museen Besuche, das Kropka und mir würden noch zig weitere Dinge einfallen warum ich Hamburg so liebe. Es ist halt einfach ein Gefühl. Du kennst das vielleicht. Doch nichtsdestotrotz bin ich bereit dieses Gefühl nicht mehr täglich, sondern nur noch dosiert zu genießen. Denn eins stand von Anfang an fest: Auch wenn wir Hamburg verlassen, möchten wir unsere Jobs behalten und in der Nähe bleiben. Sonst wäre der Trennungsschmerz tatsächlich zu groß.
Na, hast du mittlerweile einen Ort im Kopf, wo du denkst dass es uns hin verschlägt?
Dorf oder Stadt? Neu bauen oder ein Haus renovieren? Bekommen wir überhaupt eine Finanzierung seitens der Bank? Möchte ich so einen Batzen Geld überhaupt als Kredit aufnehmen oder doch lieber auf ewig Miete zahlen? Der Wunsch nach was Eigenem… Fragen über Fragen, die uns in den letzten Wochen täglich beschäftigt haben und die ein oder andere schlaflose Nacht gekostet haben. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das Schicksal uns zuletzt ein wenig geleitet hat, aber es lässt sich schon festhalten, dass wir von unserem Ursprungsgedanken zu Beginn der Suche weit entfernt sind. Doch genau das fühlt sich so verdammt richtig und gut an. Wie sagt man so schön „Der Weg ist das Ziel“. Oh yes! Das kann ich unterschreiben.
Und jetzt steh ich hier. In Lüneburg. In einem Stadthaus, das darauf wartet zu neuem Leben erwacht zu werden. Pardon. In unserem Stadthaus.