Flachdach, Bodentiefe Fenster, cleanes Design, Holz oder Beton und am liebsten in Bungalowform und auf keinen Fall mehrstöckig. Um nur ein paar der Kriterien zu nennen, die uns wichtig für unser eigenes Haus gewesen wären, hätten wir denn tatsächlich ein passendes Grundstück gefunden. Ganz klar Team Neubau und nicht Team Altbau. Nun ja, es sollte alles anders kommen. Wie hat Felix es so schön in seinem letzten Beitrag (hier) gesagt: Hatten wir am Ende vielleicht nicht das gefunden was wir gesucht hatten, aber vielleicht das was wir wirklich wollten?
Und dann kam alles anders
Denn hier stehen wir nun. In unserem Stadthaus in Lüneburg. Mit einem Satteldach, Kunststofffenstern, einer Rotklinkerfassade, mehrstöckig und alles andere als cleanem Design. Doch genau das fühlt sich für uns richtig an. Kopf aus, Bauchgefühl an! Wie lapidar ich nur allzu gerne den Spruch „Der Weg ist das Ziel“ um mich werfe, da er für mich in der Vergangenheit schon häufiger zutreffend war. Sind wir ganz ehrlich: Du kannst noch so sehr Dinge planen, doch meist kommt eh alles anders. Und was bringt es einem, wenn sich das Bauchgefühl bei gewissen Plänen wie z.B. einem Neubau nicht richtig anfühlt? Unser Bauchgefühl bei unserem ersten Besichtigungstermin für unser zukünftiges Haus stimmte zu 100%, es musste nur noch der Kopf überzeugt werden. Und dabei stellte sich mir die Frage: Sind wir vielleicht doch eher Team Altbau als wie eigentlich gedacht Team Neubau?
Nur mal gucken
Ich erinnere mich noch allzu genau an den Besichtigungstermin zurück. Ein lauer Sommertag an dem wir uns auf den Weg nach Lüneburg gemacht haben, um uns just for Fun eine Immobilie anzuschauen, an der wir eigentlich gar kein Interesse hatten. Zu dem Zeitpunkt dachten wir schließlich noch, dass wir ganz klar zu Team Neubau gehören, wenn wir schon das Geld in die Hand nehmen. Den Termin hatte Felix nur ausgemacht, damit wir generell mal ein Gefühl für solche Maklertermine bekommen. Schließlich wussten wir nicht, ob Besichtigungstermine für Wohnungen und Häuser identisch ablaufen. Und so ein bißchen vorfühlen für weitere Termine hätte ja von Vorteil sein können.
Puh, wenn ich an das Inserat bei ImmoScout zurückdenke, schaudert es mir immer noch. Schön war anders. Einzig und allein die Treppe hat auf den Bildern einen gewissen Zauber versprüht. Dementsprechend haben wir uns gar keine großen Hoffnungen gemacht, dass das Haus etwas für uns sein könnte. Doch nichtsdestotrotz saßen wir am besagten Tag mit gemischten Gefühlen im Auto.
Dieses Kribbeln im Bauch
Ich kann nicht ganz genau sagen woher das Gefühl kam, aber schon bevor wir am Haus angekommen sind, hat es sich bei mir eingeschlichen. Dieses Gefühl, dass es sein könnte, dass mich der Charme eines Stadthauses doch schnell einfangen könnte. Vielleicht kennst du die Szene aus Sex and the City, in der Miranda mit ihrer Family nach Brooklyn in ein Haus zieht. Aus irgendeinem Grund erinnerte mich unser Haus im ersten Moment an genau dieses aus dem Film.
Doch Team Altbau?
Bereits in dem Moment, als wir vor der Tür geparkt haben (Luxus!), wusste ich das ich das Inserat aus meinem Kopf löschen muss, da das Haus in real Life nichts damit zu tun hat. Die besagte alte wunderschöne Treppe, hohe Decken und helle Räume strahlten von Beginn an eine Wärme aus, die ich nicht erwartet hatte. Spätestens im Obergeschoss hat es mich völlig gepackt und ich wusste: Das ist es! Das hört sich jetzt vielleicht etwas kitschig für dich an, aber ich habe uns dort einfach gesehen. Wie Momo durchs Haus rast, wir zusammen Weihnachten dort feiern, Kids irgendwann im Haus rum rennen und und und. Ich hatte direkt ein klares Bild vor Augen und konnte selbst sagen wie ich das Haus umgestalten würde. Das ist im übrigen ein wichtiger Faktor für mich: Kann ich mir nicht direkt vorstellen wie die Wohnung/das Haus aussehen soll, weiß ich, dass es nicht das Richtige ist.
Was denkt Felix?
Schön und gut, dass dieses Haus so schnell mein Herz erobert hat, doch was dachte sich wohl Felix? Während der Besichtigung verzog er keine Miene und zählte nur auf was man alles Neu machen müsste. Begeisterung sah anders aus. Also habe ich versucht innerlich nicht völlig vor Freude auszurasten und auch mein Pokerface aufzusetzen. Leichter gesagt, als getan. Wenn ich nämlich etwas wirklich toll finde, kann ich mich vor Begeisterung kaum zurück halten. Doch Felix ließ sich auf kein Feedback ein während die Maklerin in der Nähe stand. Und somit war sein letzter Satz bevor wir uns wieder auf den Rückweg gemacht haben: „Schon schön, aber da muss noch sehr viel reingesteckt werden. Wir melden uns!“ Wow! Pure Begeisterung klingt anders.
Haken dran?
Die erste Minute im Auto haben wir erst einmal gar nichts gesagt. Gefühlt musste jeder für sich erst sacken lassen, dass der Termin völlig anders verlaufen ist, als ursprünglich gedacht. Neben der Euphorie, die ich während der Besichtigung gespürt habe, gab es natürlich auch bei mir einige Punkte, die ich mir anders gewünscht hätte und die mir durch den Kopf gingen. Wie schlimm finde ich es, dass der Garten Richtung Osten geht? Stört es mich, dass es ein Doppelhaus ist? Dinge, über die ich jetzt nur schmunzeln kann. Aber klar, wenn man schon das Geld in die Hand nimmt, sollte man alle Aspekte beachten und schauen, wie viele und welche Abstriche man machen möchte. War es dementsprechend vielleicht doch nur der Zauber, der bei einer Wohnungsbesichtigung vorkommen kann oder ernsthaftes Interesse?
Erleichterung!
Und dann brach es aus Felix heraus. Die selben Dinge, die mich direkt abgeholt haben, haben auch ihn begeistert. Puh! Er hat genauso schnell wie ich das Potential in dieser alten Schönheit erkannt. Doch abgesehen davon, dass wir beide von dem Zauber eines alten Hauses, eingefangen wurden, setzten wir uns intensiv mit den negativen Aspekten des Hauses auseinander. Denn wie bereits zu Anfang geschildert, hatten wir eigentlich ein ganz anderes Bild im Kopf. Da stellte sich uns die Frage: Wäre es möglich so einem alten Haus einen cleanen Look zu verpassen? Diese Frage schwirrte uns lange im Kopf herum und wir überlegten hin und her wie wir etwas verändern würden, wenn es unser Haus wäre. Eins stand nämlich direkt fest: Sollten wir uns tatsächlich für dieses Haus entscheiden, würden wir einiges anders machen wollen. Unter anderem den Grundriss abändern, in dem wir Wände rausnehmen und Stahlträger einsetzen um einen offeneren Look zu gestalten. Neue Fenster aus Holz einsetzen, an der Heizungsthematik arbeiten und und und. Du merkst wir haben uns sehr schnell sehr intensiv mit dem Haus auseinander gesetzt.
Eine zweite Meinung musste her
So sehr uns unser Bauchgefühl schon in eine Richtung gelenkt hat, wollten wir uns selbstverständlich eine weitere Meinung einholen. Gerade beim Thema Sanierung kann man sonst schon ziemlich fiese Überraschungen erleben. Umso mehr freuten wir uns, dass Felix Eltern, die beide Architekten sind, sich auf den Weg nach Lüneburg gemacht haben, um sich die alte Lady mal genauer anzuschauen. Bei der erneuten Besichtigung habe ich dann auch sehr schnell erkannt woher Felix sein Pokerface hat: Beide haben beim Besichtigungstermin keine Miene verzogen und genauso wie Felix die Punkte aufgelistet, die man ausbessern müsste. Und ich sag dir eins: Die Liste war lang! Aber was soll ich sagen: Pure Taktik, die sich absolut ausgezahlt hat. Kaum aus dem Haus raus, meinten sie, dass es ein Schmuckstück ist, aber noch sehr viel Liebe braucht bis es wieder in altem Glanz erstrahlt. Aber da hatte es unser Herz eh schon im Sturm erobert und für uns stand fest, dass es all die Liebe bekommen wird, die es braucht.
Einmal durchdrehen, bitte!
Genau dann begann die Zeit, die mich gefühlt wahnsinnig gemacht hat. Wir haben ein Angebot abgegeben und mussten auf die Antwort warten. Warten. Eine Sache, die ich nur bedingt gut kann. Du kannst dich sicherlich noch daran erinnern, als du deine Wohnung besichtigt hast, sie unbedingt haben wolltest und auf eine Info wartest, ob du die Zusage bekommst oder nicht. Ich würde das Gefühl mit Liebeskummer vergleichen. Man glotzt ständig auf sein Handy und checkt, ob man den Ton wirklich auf Laut stehen hat und bloß keinen Anruf verpasst. Die Phantasie dreht durch und man erinnert sich immer an die Besichtigung zurück. Und dann der Schlag in die Magengrube: Das Angebot wurde abgelehnt. Ich habe gelitten. Jetzt muss man wissen, dass wir bei unserem ersten Angebot schon gepokert haben. Auch so eine Sache, die ich nur bedingt kann. Was wäre unser letzter Preis, den wir zahlen würden? Diese Frage diskutierten Felix und ich lange hin und her. Also gaben wir ein weiteres Angebot ab, das nach ein paar Tagen des Wartens wieder abgelehnt wurde. Ja, der Liebeskummer tat weh. Wie viel war uns dieses Schmuckstück Wert und was können wir uns mit den Sanierungskosten die on Top kommen wirklich leisten? Mit einem letzten Angebot im Gepäck, hieß es erneut Warten. Dieses Mal zog sich das Warten auf eine Antwort noch wesentlich länger hin, als bei den beiden Malen davor. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Ich stand durchgehend unter Spannung und habe Felix gefühlt 30mal am Tag gefragt, ob die Maklerin sich schon gemeldet hat.
Passiert das grad wirklich?
Und dann kam der Tag. Wir saßen am Frühstückstisch und die Maklerin rief an. Das Gespräch dauerte eine Minute. Appetit hatte ich keinen mehr. Felix schaute mich an und sagte: Die haben das Angebot angenommen. Pipi in den Augen, absolutes ausrasten, kreischen, umherspringen, knutschen. Dann setzte Felix sein Pokerface auf, rief die Maklerin zurück und sagte furztrocken: Wir nehmen es!
Alte Lady, du wirst in neuem Glanz erstrahlen!